Montag, 27. August 2012

DON - The German Gay Magazine 1976 (Heft 7 bis 8)


DON 7/76 erscheint im Juli 1976.
Untertitel "Das grosse deutsche Magazin für Männer und ihre Freunde"
Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt, siehe DON 1/1973
Redaktion, Bildredaktion, Leserbetreuung siehe DON 12/1975


Wenn ich hier zum wiederholten Mal sage, dass auch dieses Vorwort nicht von Guy GilbertGünter Goebel verfasst wurde, komme ich mir langsam ziemlich fies vor. Aber dass da "Herzlichst Ihr Guy Gilbert" drunter steht, hat wahrscheinlich folgenden Grund: Das erste Thema  - Engagement für Minderheiten und die "ekelerregende Art" von Journalisten "einem sensationslüsternen Leserkreis einen schwulen Sündenpfuhl aufzutischen" - stammt von mir, während der letzte Absatz - "Sicherstellung" von DON bei kleinen Kiosbesitzern - von dem Verleger  Henry Ferling ergänzt wurde.


Um Käufer zu angeln und zu halten ging man - bei den marktrelevanten Homo-Zeitschriften (DU&ICH, him, ADAM und DON) - bei der Bildauswahl gerne bis dicht an die gesetzlich zulässige Schwellungsgrenze. Das Modell mit leichter "Schwellung" war seinerzeit ein recht bekannter Kölner (Düsseldorfer?) Callboy, der seiner Kundschaft u.a. auch hübsche Türkenbuben zur "Unterhaltung" bot. Bekannt geworden ist er auch durch Mitwirkung in den ersten deutschen Schwulenpornos (Super-8-Filme); unter der "Regie" des Produzenten Günter Goebel.


Eine Übersetzung aus dem (heterosexuellen) 'San Francisco Chronicle' (seit 1880 Nordkaliforniens auflagenstärkste Zeitung), in dem  die Autorin Ruth Stein über Anstrengungen staatlicher, kirchlicher und vor allem auch homosexueller Organisationen berichtet, junge Prostituierte (14-18 Jahre), zumeist heterosexuelle Jungs, die von zuhause ausgerissen waren, zu ihren Familien zurückzubringen und wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Folgende Abbildung, linke Spalte = Schluss der Übersetzung, die vermutlich von Johannes Werres stammt.


Manuskripte mit Homo-Geschichten machten den Verleger  Henry Ferling besonders glücklich. Diese DON-Ausgabe war mal wieder mit fünf solcher Stories aufgefüllt.


Ich fantasiere über eine "Transvestitenpille" und "Lutschmäuse" in Hinterindien, informiere über Virilismus (eine ausgeprägte Androgenisierung der weiblichen Körper- und Geschlechtsmerkmale, welche sich deutlich maskulin verändern) und "Greg", die 181 cm grosse aufblasbare, elektronisch aktive Männerpuppe, über Scherzartikel, Gebäck und Aschenbecher in Penisform sowie den 'locking butt plugger' für Herren und Sklaven 'for that unendurable ecstasy'.


Über den Österreicher Hans John = Hans Möstl = Johann Möstl, der hier in einem Portrait vorgestellt wird, steht schon etwas beim Vorwort zu DON 5/1975. Und obwohl obiger Text ganz offensichtlich von mir stammt, muss ich zugeben, dass ich Möstl weder persönlich kennengelernt habe, noch jemals eine Ahnung davon hatte, was er bei DON eigentlich machte bzw. zu dem Magazin beigetragen hat.

Einige Aktfotos in DON mögen von dem "Fotografen und Filmer" stammen, die Masse der Bebilderung zwischen 1972 und 1976 stammte aus unterschiedlichsten Quellen, z.T. von Bildagenturen sowie von zahlreichen Laien- und Semiprofi-Fotografen. "Hans fotografiert zwar hauptberuflich für DON", wie es im obigen Text heisst, ist gelogen. Möstl fotografierte hauptsächlich  nackte Mädchen.

Warum das Möstl-Märchen vom 'DON-Bildredakteur' über mehrere Jahre und per Impressums-Eintrag permanent wiederholt wurde, war mir immer ein Rätsel. Möglicherweise hat er in diesen Jahren auch beim Layout mitgewirkt (wie bei ADAM). Ich vermute, er war u.a. jener Kameramann, der für Günter Goebel die ersten deutschen Schwulenpornos (Super 8) filmte (?).


Linke Seite: Hier beginnt meine längere Auseinandersetzung mit der Münchner Schwulengruppe VSG (= Verein für sexuelle Gleichberechtigung, im Artikel fälschlich VGS) und der ...

">Emanzipation< heisst das Organ der homosexuellen Aktionsgruppen von München, Nürnberg, Stuttgart, Tübingen und Würzburg, das wir unseren Lesern im Mai-Heft empfohlen haben, und mit dessen Ausgabe 2/76 sich unser Redakteur Jens hier einmal kritisch euseinandersetzt:
Was ich nicht mag, ist das Wort >Einseitigkeit<. In allen Lebensbereichen. Und schon gar nicht im homosexuellen bereich. Denn eben diese Einseitigkeit wird uns von anderen vorgeworfen. Das Emazipations-Heft ist engagiert und in mehreren Passagen hilfreich informierend. Aber der überwiegende Teil ist - einseitig. Von Leuten gemacht, die scheinbar eine das Gesichtsfeld einengende homosexuelle Brille tragen ... "

Besonders auf die Palme hatte mich der Emanzipations-Artikel "Freund und Helfer, Deine Klappe" gebracht. Der Autor fordert Freizügigkeit und Gleichheit und meinte - das Recht auf schwulen Geschlechtsverkehr in öffentlichen Bedürfnisanstalten. Davon wird in folgenden DON-Ausgaben noch die Rede sein.

Als einseitig kritisiere ich auch den 6seitigen Beitrag zur "Erklärung des Vatikan", ein Papier, das neben der Verdammung von Homosexualität, gleichermassen diskriminierend Onanie, vorehelichen Geschlechtsverkehr und überhaupt menschliche Liebesbeziehungen (soweit sie nicht in der Ehe stattfanden) verurteilte.

Nicht minder sauer reagiere ich auf einen Nachdruck aus dem REVOLT Schwulenmagazin "Gespräch in Berlin (DDR)", der die Homosexuellen in der DDR - einseitig - quasi als Märtyrer darstellt, wobei ich aus der Erfahrung des im Westteil aufgewachsenen Berliners doch am eigenen Leib erfahren hatte, dass die Zustände in Ost-Berlin längst liberaler gehandhabt wurden, als im bundesrepublikanisch geprägten West-Berlin.

Rechte Seite: Der Verfasser des Beitrags "Das Holz, aus dem die Superstars geschnitzt sind" (der nullkommanichts mit Homosexualität zu tun hat), ist angeblich Kurt-Joachim Foersters. Nun hat sich dieser Mann wahrlich nicht als Autor einen Namen gemacht. Und da ich tatsächliche 'Ergüsse' Foersters kenne, halte ich es für ausgeschlossen, dass  dieser flott und flüssig formulierte Artikel, der obendrein eine profunde Kenntnis von Filmgeschichte und Schauspielern voraussetzt, aus Foersters Feder stammt.


DON 8/76 erscheint im August 1976.
Untertitel "Das grosse deutsche Magazin für Männer und ihre Freunde"
Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt, siehe DON 1/1973
Redaktion, Bildredaktion, Leserbetreuung siehe DON 12/1975


"Lieber Leser! Dieser Tage bekamen wir eine bittere Pille verschrieben. Dr. T. M. aus Berlin hatte über uns diagnostiziert: .., die Stories sind stilistisch allesamt grauenhaft, läppisch, künstlich munter, tunrig, kitschig, oberflächlich, voll Lüge, unerotisch und ohne Substanz. Die Fotos zeigen unappetitliche, ungepflegte und törichte Gestalten ... Raritäten der Geschmacklosigkeit ... primitiver Geilheit ... zum Kotzen eitel und nichts als schwul ... DON existiert von der Not und Einsamkeit vieler Schwuler und nicht weil es grossartig ist. Oh, Eitelkeit! Selbst Ihre Kritik ist selbstgefällig ..."

Selbstverständlich wehre ich mich gegen diese undifferenzierte, deftig-polemische Kritik: "... Dr. T.M. möchte DON im Stil von Westermanns Monatesheften sehen ... Viel scheint Dr. T.M. vom Menschen allerdings selbst nicht zu halten, haut er mit seiner Kritik doch nicht nur unserer Redaktion das Magazin um die Ohren, sondern diskriminiert damit zehntausende (!) von DON-Lesern. Wie wahr sagt doch Helmut Schmidt: Hochschulabsolventen sollen sich endlich das Elitedenken abschminken. ..."

Allerdings erinnere ich mich, diese Leserkritik ganz bewusst auf prominenter Vorwortseite plaziert zu haben, und zwar nicht nur um damit auf eine DON Leserumfrage überzuleiten (siehe weiter unten "Wie es Euch gefällt"), sondern weil sie meiner (ganz privaten) DON-Beurteilung nicht ganz so unähnlich war. 

Mit nicht gar so drastischen Worten hatte ich in den zurückliegenden Monaten gegenüber  Henry Ferling wieder und wieder argumentiert, dass mit diesem Bildmaterial (das Farbfoto neben obigem Vorwort illustriert Dr. T. M's. Mängelliste hervorragend!) und diesen Inhalten keine Auflagensteigerung zu erreichen sei. Darum geht es einem Verleger doch schliesslich. Der Leserbrief des Dr. T. M. - er war ja nicht der einzige, der sich sehr kritisch über DON ausliess - kam mir gerade recht, um ihn allen die DON (ohne Ziel und Richtung) machten, "um die Ohren zu hauen".




6 Jahre nach dem berühmten "Schwulen-Aufstand" in der New Yorker Christopher Street beschreibt DON-Autor Patrick Schneider erstmals (!) in dem Schwulenmagazin DON was sich damals zugetragen und wie es sich auf die Schwulenbewegung, zunächst in den USA, letztendlich aber auch in weiten Teilen der westlichen Welt auszuwirken begann. Die negative Überschrift ist für mich, da ich den ganzen Beitrag nicht mehr vorzuliegen habe, nicht nachvollziehbar.


Meine Idee, der Mai-Ausgabe einen Fragebogen beizufügen und so die Heft-Käufer DON beurteilen zu lassen, hatte - siehe obige Anmerkungen zum Vorwort - nur einen einzigen Grund: ich wollte den Verleger dazu bewegen, der Zeitschrift eine neue Richtung und eine neue Optik geben. Sowohl die Ausarbeitung der Fragen, vor allem jedoch die Auswertung (und Analyse) der Antworten bedeuteten für mich, wie es eingangs heisst, eine "Heidenarbeit", bei der ich übrigens von keinem unterstützt wurde (und schon gar nicht von dem links abgebildeten Johann Möstl).

Exakte Zahlen erinnere ich selbstverständlich nicht mehr, aber dass wir 876 ausgefüllte Fragebogen erhielten, ist eine (masslose) Übertreibung. Dass ich die Umfrageergebnisse - im Sinne des Magazins - manipuliert habe, da bin ich ziemlich sicher. Ich kann jedoch nicht mehr sagen, bei welchen und wievielen Fragethemen und - wenn ja - wie dezent oder stark. Insofern sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu geniessen.

Die sowohl im Vorwort als auch hier eingangs zitierten Negativ-Kritiken waren mit Sicherheit Ausnahmen. Wer regelmässig (sehr viel!) Geld für eine Zeitschrift ausgibt, schreibt nicht 'das Blatt ist Mist'. Das grosse Problem solcher Umfragen ist, dass ihre Ergebnisse nicht repräsentativ sind. In der Mehrzahl beteiligen sich nämlich aktive Menschen (ausfüllen, Briefumschlag, Briefmarke, Briefkasten), vor allem auch solche, die entweder sehr begeistert sind oder endlich mal ihre Kritik loswerden wollen.